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This machine kills secrets von Andy Greenberg

Woody Guthrie
Woody Guthrie mit Gitarre (Quelle: Wikipedia bzw. Library of Congress)

Der Titel des Buches klingt spektakulär: »Die Maschine, die Geheimnisse vernichtet«. Der Journalist Andy Greenberg berichtet im gleichnamigen Buch von dieser Maschine und hat an vielen Stellen spektakuläres zu berichten. Greenberg kam durch die Gitarre von Woody Guthrie auf den Titel. Die Gitarre trug den Aufkleber: »This machine kills fascists« (siehe Bild).

Die Maschine, die Geheimnisse vernichtet, beginnt mit den Pentagon-Papers ihr Werk. Daniel Ellsberg veröffentlichte die geheimen Dokumente damals mit Hilfe der NY Times. Julian Assange und neuere Entwicklungen sind noch lange nicht das Ende der Maschine. Vielmehr wird sie wohl lange weiterleben. Das Buch zeichnet den Weg der Maschine nach.

Im Prolog wird ein Treffen mit Julian Assange beschrieben. Julian kündigt dort die MegaLeaks an und verspricht einen Leak über eine US-Bank. Der erste Teil startet mit einer Gegenüberstellung von Ellsberg und Bradley Manning. Greenberg vergleicht im Kapitel »The Whistleblowers« ihre Herkunft und ihr Vorgehen. Ellsberg hatte seinerzeit die Berechtigung sehr geheime Dokumente zu lesen. Ein Privileg, was nur wenige mit ihm teilten. Manning auf der anderen Seite war einer von 2,5 Millionen Amerikanern, die aufgrund lascher Voreinstellungen auf viele geheime Dokumente Zugriff hatten. Beide waren der Meinung, dass »ihre« Dokumente an die Öffentlickeit müssen. Ellsberg war sich sicher, dass er für die Veröffentlichung der Pentagon-Papiere für den Rest seines Lebens im Gefängnis landen würde. Manning, auf der anderen Seite, schien Hoffnung zu hegen, dass er unerkannt davon kommt. Zumindest arbeitet Greenberg diesen Punkt im Buch heraus. Die realen Entwicklungen waren jedoch genau gegenteilig. Ellsberg wurde nicht bestraft und Manning wird aller Voraussicht nach lange Zeit im Gefängnis bleiben.

Das erste Kapitel ist sehr schön geschrieben. Man merkt hier schon, wie gut Greenberg seine Geschichte recherchiert hat. Mit der Gegenüberstellung der beiden Protagonisten gelingt ihm ein schöner Spannungsaufbau.

Cover
Cover des Buches

Die folgenden drei Kapitel widmen sich der »Evolution of Leaking«. Greenberg erzählt die Geschichte der Cypherpunks detailliert nach. Den Startpunkt bilden dabei die Lebensläufe von Tim May und Phil Zimmerman, der Erfinder von PGP. Mit Geschichten zu Julian Assange und John Young, dem Gründer von Cryptome geht es weiter. Schließlich spielen die Diskussionen auf der Mailingliste und der Artikel »Assassination Politics« von Jim Bell eine Rolle. Der Keynote-Sprecher des 29C3, Jacob Appelbaum, mit dem Tor-Projekt bilden den Abschluss.

Der dritte Teil hat die Zukunft (»The Future of Leaking«) zum Gegenstand. Dort geht es um »Plumbers«, »Globalizers« und »Engineers«. Das Kapitel beginnt mit Peiter Zatko. Mudge, wie er sich nannte, war einer der Köpfe der Hacker-Gruppe Cult of the Dead Cow und hatte engere Kontakte zu Assange. Mittlerweile arbeitet er bei der DARPA und soll Gegentaktikten zum Leaking entwickeln. Das langfristige Ziel des Projektes ist, Leaking komplett zu unterbinden. Greenberg beschreibt im Kapitel HBGary und den Anonymous-Hack sehr lebendig. Der Autor nutzt IRC-Logs und persönliche Gespräche und kann dadurch eine sehr detaillierte Sicht auf die Dinge bieten. Die Isländische Initiative zu modernen Medien (IMMI) und BalkanLeaks sind die Vorboten der Zukunft. Schließlich traf Greenberg zufällig den Architekten. Derjenige, der nur unter dem Namen »Der Architekt« agiert, war für die sichere Neugestaltung von WikiLeaks zuständig und arbeitet jetzt bei OpenLeaks. Greenberg traf ihn zufälligerweise beim Chaos Communication Camp.

Am Ende des Buches steht ein kurzer Abschnitt zur »Machine«. Greenberg macht klar, dass heute jeder zum Leaker werden kann. Mobiltelefone und andere elektronische Gegenstände erlauben es, Reportagen von Ereignissen anzufertigen oder eine Vielzahl elektronischer Dokumente zu kopieren. GlobaLeaks wird kurz beleuchtet. Das Projekt baut an einer Lösung für eine Leakingplattform mit Freier Software. Greenberg schließt mit den Worten:

We don’t yet know the names of the architects who will build the next upgrade to the secret-killing machine. But we’ll know them by their work.

Ich habe es sehr genossen, das Buch zu lesen. Zum einen hat Greenberg einen schönen, lebendigen Schreibstil. Obwohl ich viele Aspekte der Geschichten kannte, hatte das Buch einiges Neues zu bieten. Faktisch auf jeder Seite ist die gute Recherchearbeit des Autors zu spüren. Es war spannend für mich den Handlungssträngen zu folgen. »This machine kills secrets« war eines der Bücher, was ich nur schwer aus der Hand legen konnte und am liebsten am Stück durchgelesen hätte. Leseempfehlung!

Wer von euch einen Verlag kennt, der das Buch ins Deutsche übersetzen will, kann sich gern an mich oder an Andy Greenberg wenden.

Interview mit Ben Mezrich und Andy Greenberg

Andy Greenberg ist ein Reporter des Forbes Magazine. Er kümmert sich dort viel um die Hackszene und schrieb das Buch »This machine kills secrets«. Das ist sehr gut recherchiert und startet bei Daniel Ellsberg und den Pentagon-Papers. Es arbeitet sich dann über die Cypherpunks und WikiLeaks bis zu den aktuellesten Entwicklungen weiter. Ich fand das sehr gut geschrieben und werde später noch eine tiefergehende Rezension schreiben.

Ben Mezrich wohl bekanntestes Buch Bringing Down the House: The Inside Story of Six MIT Students Who Took Vegas for Millions erzählt die Geschichte von MIT-Studenten, die recht erfolgreich beim BlackJack waren. ;-) Mezrich schrieb in der Zwischenzeit noch weitere Bücher, unter anderem eines über Mark Zuckerberg.

Beide werden von Pharrell Williams interviewt:

Assange

Im Blog von PME200 las ich einen sehr interessanten Beitrag zu Julian Assange. Er versucht, den Fall neutral und auf Basis der Fakten darzulegen. Ich habe mich mal hingesetzt und das ins Deutsche übersetzt. Viel Spass beim Lesen.


Julian Assange 20091117 Copenhagen 1 cropped to shoulders

Es scheint eine Menge an Konfusion und Desinformationen über Julian Assange bei Twitter zu geben. Ich bin kein Experte, unten stehen acht wichtige Punkte:

  1. Er wird wegen Vergewaltigung gesucht.
    Die Leute sagen immer noch, dass er wegen »Sex ohne Kondom« gesucht wird. Ein Vergehen, welches angeblich nur in Schweden verfolgt wird. Der Europäische Haftbefehl (EuHB), welcher auf Assange ausgestellt wurde, spricht von vier Straftaten, für die er gesucht wird. Es gibt einen Fall von widerrechtlicher Nötigung, zwei Fälle von sexueller Belästigung und einen Fall von Vergewaltigung.

    Die Frage, ob dies Straftaten nach englischem Recht sind, wurde vom High Court of Justice untersucht (20111 EWHC 2849). Lies insbesondere die Abschnitte 78 bis 91 durch (speziell Nr. 91). Es ist sehr klar, dass die Straftat auch Vergewaltigung nach englischem Recht ist. Der Beitrag »Assange: would the rape allegation also be rape under English law?« von David Allen Green macht klar: »Englische Gerichte haben zweimal festgestellt, dass die relevante Anschuldigung auch eine Anschuldigung von Vergewaltigung nach englischem Recht ist.«

  2. Das ist ein persönlicher Rachefeldzug eines schwedischen Staatsanwalts
    Falsch. Das Stockholmer Amtsgericht fertigte einen Haftbefehl gegen Assange aus, welchen er vor dem Svea hovrätt (etwa Oberlandesgericht) angefochten hat. Sie begutachteten den Fall im Detail und stellten fest, dass es hinreichenden Verdacht gibt. Daher ist der Haftbefehl gerechtfertigt. Seine Berufung wurde abgelehnt.
  3. Er hatte nicht vollen Zugriff auf die Gerichte in seiner Heimat Falsch.
    Er hatte eine Anhörung vor dem Richter (Senior District Judge) und dem Chief Magistrate des Magistrates’ Court der Stadt of Westminster. Es ordnete die Auslieferung nach Schweden für eine Vor-Ort-Untersuchung an (Er ist nur Subjekt eines Haftbefehls dort und wurde bisher nicht beschuldigt). Assange brachte diese Anordnung bis zum High Court. Es entschied gegen ihn. Er rief den obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs an und dies entschied gegen ihn.
  4. Er ist ein Flüchtling vor der Justiz.
    Das ist er in der Tat. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gegen ihn, überging er die Kaution und suchte Zuflucht in der Botschaft von Ecuador bevor seine Auslieferung starten sollte (28. Juni 2012). Daher hat er eine separate Straftat in dem Land begangen, für die er auch gesucht wird.
  5. Großbritannien hat gedroht, die ecuadorianische Botschaft zu stürmen.
    Es ist strittig, ob Großbritannien eine »offene Drohung« gegen Ecuador ausgesprochen hat, so wie es der Außenminister behauptet. Der Text des Briefes, welcher von einem britischen Diplomat geliefert wurde, soll eine Erinnerung an Regelungen des britischen Außenministeriums sein. Andere empfinden es als Bedrohung. Bewerte es einfach selbst. Ich denke, es kann auf jeden Fall als unbeholfen angesehen werden und hat sicher auch Ecuador überzeugt, dass Asyl zu bewilligen. Als kleines Land war es wichtig herauszustellen, dass es »keine britische Kolonie« ist und sich nicht dem Druck beugt.

    Was der Brief nicht macht, ist vorzuschlagen, dass Großbritannien nationale oder internationale Gesetze brechen würde. Das würde in der Tat einen folgenschweren internationalen Konflikt heraufbeschwören. Es gibt eine Befugnis unter englischem Recht, die diplomatische Anerkennung eines Geländes zurückzuziehen. Das wurde nach der Ermordung von Yvonne Fletcher eingeführt. Wie Carl Gardner ausführt, muss jede solche Entscheidung in Übereinstimmung mit internationalen Gesetzen erfolgen. Die Umsetzung würde einen sehr schweren Präzedenzfall schaffen und für mich sieht das nach Säbelrasseln aus (Das hatte allerdings den gegenteiligen Effekt).

    Was wäre, wenn der Special Air Service die Botschaft stürmt? Du schaust zu viele Filme. Ein hohler Gerichtsprozess betrieben von internationalen Anwälten ist wesentlich wahrscheinlicher als das Actionszenario.

  6. Assange kann das Land nun verlassen.
    Falsch. Er steckt in der Botschaft von Ecuador in London fest. In dem Moment, wo er die Botschaft verlässt, wird er anfällig für eine Verhaftung. Zwischen August und November 1989 suchten bis zu 20.000 Ostdeutsche Asyl in der Botschaft der BRD in Prag. Das stellte ein massives Problem dar. Sie mussten beherbergt und versorgt werden, denn sie durften das Gelände nicht verlassen, bevor eine diplomatische Lösung gefunden ward.

    Der einzig durchführbare Weg, um Assange aus der Botschaft zu bekommen und ihn auszufliegen, wäre die Anerkennung als ecuadorianischer Staatsbürger. Danach muss er zum Diploment gemacht werden. Das gibt ihm diplomatische Immunität. Der Vorgang ist höchst unwahrscheinlich, aber in der Assange-Affäre kann viel passieren.

    [Nachtrag: Ich wurde darauf hingewiesen, dass das Vereinigte Königreich seine Ernennung anerkennen muss. Das ist natürlich noch viel unwahrscheinlicher.]

  7. Er bekommt eine geheimes Verfahren und/oder wird in die USA ausgeliefert, wo ihn die Todesstrafe erwartet.
    Ich bevorzuge es, mit Fakten zu handeln. Keines von beiden obigen Punkten deutet sich an. Schweden ist weit davon entfernt, eine minderwertige Demokratie zu sein. Es ist ein geschätztes EU-Mitglied und rangiert als in den Spitzenplätzen der Länder ohne Korruption (Schweden ist derzeit auf Platz 4 des Korruptionswahrnehmungsindex, Uk ist auf Platz 16, Deutschland auf 14). Wenn ich irgendwo vor Gericht gehen müsste und wüsste, dass ich unschuldig bin, so wäre ich über einen Prozess in einem skandinavischen Land glücklich.

    Das Vereinigte Königreich ist daran interessiert die gesetzlichen Verpflichtungen zur Auslieferung nach Schweden zu erfüllen. Nach meinem besten Wissen gibt es keine Anforderung, Assange in die USA auszuliefern, weder an UK noch an Schweden. Wohl wäre es weniger wahrscheinlich, dass dies von Schweden denn von UK aus passieren würde (Schau dir die vielen Kritiken an unserer nachsichtigen Auslieferungspolicy an die USA an.)

    Schließlich ist es sowohl dem Vereinigten Königreich wie auch Schweden nach dem europäischen Menschenrechtskonvention verboten, jemanden auszuliefern, dem die Todesstrafe droht.

  8. Der Mann und die Bewegung.
    Es ist sehr wohl möglich, WikiLeaks und die Prinzipien für die es steht, zu verteidigen, währenddessen man Julian Assange als Individuum sieht, dass für seine Leistungen bewertet wird. Warum ist das so kontrovers oder schwer zu verstehen?

    Assange ist unschuldig bis er für die Straftaten, denen er beschuldigt wird, schuldig gesprochen wird. Aber es scheint fair zu sagen, dass er die Kaution verfallen ließ und dass er vor der Justiz auf der Flucht ist.

    Der Punkt ist nicht so wie die Wahl der Seiten in einem Fußballspiel. Du kannst für WikiLeaks sein und scharf drauf sein, dass die gesetzlichen Regeln wirken. Das macht dich nicht zu Anti-Assange, einem Assange-Hasser oder ähnlichem. Ich habe keine Idee, ob er schuldig ist. Ich glaube, dass die möglichen Opfer ein Recht haben, ernst genommen zu werden. Sie haben den Schritt unternommen, zur Polizei zu gehen und dass die Geschichte einen Abschluss finden sollte.

    Es ist dabei nicht relevant, wer der Mann ist, der für die Nachforschungen gesucht wird und welche andere großartigen Dinge er (nicht) gemacht haben könnte. Wenn du an den Gerichtsprozess und Gesetzesregeln glaubst, wird es zu argumentieren, dass er nicht nach Schweden für eine Befragung zurückkehren sollte (Nachdem er sich mit den Konsequenzen der fallengelassenen Kaution in England beschäftigt hat).

Behördenwillkür bei Jacob Appelbaum

In Deutschland dreht sich derzeit die Diskussion um den Bundestrojaner, der vom CCC gefunden wurde. Derweil spielt sich in den USA ein anderes Drama ab.

Jacob Appelbaum kann man nur als vielseitigen Zeitgenossen bezeichnen. Er arbeitet beim Tor-Projekt als Entwickler, hat in der Vergangenheit einige spektakuläre Ergebnisse im Bereich der IT-Sicherheit gefunden, engagiert sich bei WikiLeaks, half Hurrikanopfern usw. Die Liste lässt sich beliebig erweitern. Doch eines seiner Hobbys brachte ihm Probleme ein. Auf der Konferenz The Next HOPE hielt er im Juli 2010 einen Vortrag zu WikiLeaks (siehe unten). Seitdem wird Jacob bei jedem Grenzübertritt aus den USA oder in die USA kontrolliert. Das heißt, er wird zum Teil stundenlang festgehalten und befragt. Ihm wurden Geräte weggenommen und anderes mehr. Jetzt werdet ihr euch fragen, auf welcher Basis dies passierte. Dies ist bis heute unklar! Es gibt keine Anklage. 

Nachdem das Justizministerium Informationen von Twitter über Jacob Appelbaum und andere Aktivisten wollte, geht die US Regierung noch einen Schritt weiter. Sie forderte von Google und von dem Provider Sonic alle E-Mail-Adressen mit denen Appelbaum in den letzten zwei Jahren kommunizierte. Ein Artikel im Wall Street Journal hat weitere Details zu der Sache.

Welchen Erkenntnisgewinn soll eine solche Sache bringen? Wenn man die diversen Schritte der Behörden verfolgt, drängt sich der Verdacht auf, dass es nur um Schikane geht. Jacob kann man wohl nichts Böses nachweisen und so scheinen die Behörden einfach ein Exempel zur Abschreckung aufzubauen. Ich kann nur hoffen, dass die Vorgang ein Ende hat und Jacob sich wieder seinen Interessen widmen kann.  

"Behördenwillkür bei Jacob Appelbaum" vollständig lesen

Vortrag "Leaking-Plattformen, Öffentlichkeit und Whistleblowing"

Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Club, hält diesen Freitag einen Vortrag in Erfurt. Das Thema seines Vortrages ist „Leaking-Plattformen, Öffentlichkeit und Whistleblowing“. Alle Interessierten sollten um 20:00 Uhr im Kunsthaus Erfurt in der Michaelisstraße 34 sein.

Aus der Ankündigung:

Die Welt der Medien – etablierter wie alternativer – ändert sich in dramatischem Tempo. Das Aufkommen von Leaking-Plattformen, die es Whistleblowern ermöglichen, wichtige Informationen, die sonst nicht gefahrlos publiziert werden könnten, an die Öffentlichkeit zu bringen hat viel Wirbel erzeugt. Das wesentliche dabei ist jedoch nicht die konkrete Plattform oder die Personen dahinter. Wichtig ist vielmehr der Beweis, dass Leaken möglich ist und das sich dadurch reale Veränderungen erreichen lassen. Bei der Betrachtung gilt es, den Unterschied zwischen der Privatsphäre von Personen und den Geheimnissen von Staaten nicht zu verwischen oder durcheinanderzubringen und die Fragen nach der ethischen Verantwortbarkeit nicht zu vergessen.

via Jenapolis.

Wieviel Staat verträgt das Internet und wieviel Internet der Staat?

Wer am Mittwoch, dem 8. Dezember 2010, seine Zeit in Alsfeld verbringt, sollte in das Freiwilligen-Zentrum Aktiv für Alsfeld e.V. (Volkmarstrasse 3) kommen. Dort werde ich zusammen mit Nancy Faeser und Maximilian von Heyden über das Thema Wieviel Staat verträgt das Internet und wieviel Internet der Staat? diskutieren. Aus der Ankündigung:

Wikileaks hat in den letzten Monaten hunderttausende an bisher geheimen Dokumenten veröffentlicht und damit Öffentlichkeit und Transparenz ermöglicht, gleichzeitig die Sicherheitslage vieler Staaten verschärft. Noch vor kurzer Zeit wurden die Telekommunikationsdaten von allen Bundesbürgern über eine längere Zeit gespeichert. Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sind wichtige Staatsaufgaben die sich immer schwerer gestalten, genauso wie der Schutz der Privatsphäre jedes einzelnen Bürgers.

Liste von Spiegelservern der Wikileaks-Seite

Die Nachrichten zu Wikileaks überschlagen sich in den letzten Tagen. Am Freitag wurde die Domain gesperrt, der Zugang bei PayPal gesperrt und einiges mehr. Auf Twitter sah man daraufhin einige Ankündigungen für Spiegelseiten (Kopie des Originales wird bereitgestellt). Da es soviele waren, habe ich mich dann entschieden, eine Liste anzulegen. Mittlerweile gibt es 230 Seiten, die Wikileaks spiegeln. Neben einer “normalen” Seite gibt es Zugänge für I2P und versteckte Services von Tor. Hier hat also mal wieder der Streisand-Effekt zugeschlagen.

Start des Wintersemesters

Heute startete das Wintersemester an der Uni. Für mich ist es das erste Mal, dass ich keine Vorlesungen höre, sondern selbst eine halte. Das Thema ist IT-Sicherheit. Dort bespreche ich die üblichen Schwerpunkte (Kryptografie, Sicherheitsmodelle, CC etc.). Zur ersten Veranstaltung kamen etwa 40 Personen. Ich bin gespannt, wie die Zahl am Ende des Semesters ist.

Heute habe ich als Einführungsbeispiel etwas zu Stuxnet erzählt. Der Wurm ist wegen seiner Komplexität sehr interessant. Es schien so, als ob der Großteil der Teilnehmer meinen Ausführungen folgen konnte. Immerhin gab es am Ende einige Fragen und zur Freude der Studenten war auch einige Minuten eher Schluss.

Am letzten Freitag des Monats startet dann ein Seminar zu Wikileaks. Hier erstaunt mich die Zahl der Teilnehmer. Im Friedolin steht nur der Titel des Seminars und es haben sich etwa 50 Personen angemeldet. Ich würde mich freuen, wenn sich alle für das Seminar entscheiden. Dann können wir vielleicht wirklich etwas auf die Beine stellen.

Natürlich will ich mich in die eine oder andere Vorlesung reinsetzen. In der Mathematik finde ich algebraische Zahlentheorie recht interessant und das passt bei mir gut rein. Andere Vorlesungen sind entweder zu lang oder ich schaffe es zu den Terminen nicht. Dann habe ich mir einige Jura-Veranstaltungen herausgesucht. Eine davon sollte heute beginnen. Als ich die Tür öffnete, stand ich vor einer Wand Menschen und habe den Saal gleich wieder verlassen. Mal sehen, ob die anderen Veranstaltungen genauso sind.

Ich wünsche allen Studenten ein erfolgreiches Semester. :-)

Die FUD-Maschine gegen Wikileaks

Es ist nicht lange her, da veröffentlichte Wikileaks das Video aus einem US-Kampfhubschrauber. Dies sorgte für einen großen Aufschrei. Die Veröffentlichung der Kriegstagebücher aus Afghanistan sorgte nun für umso größere Wellen. Spätestens da erkannte die US-Regierung welche Gefahr in dem Projekt steckt und die Propagandamaschine gegen Wikileaks läuft auf Hochtouren.

Im Zusammenhang mit dem Video aus dem Irak wurde ein US-Soldat verhaftet. Er hat angeblich die Dateien weitergegeben. Nach den bisherigen Pressemeldungen gab er gegenüber einer dritten Person einfach mit seinen Taten an und diese Person, Adrian Lamo, hat ihn beim FBI verpfiffen. Heute kann die FAZ mit einer überraschenden Nachricht aufwarten. Die Zeitung berichtet über eine Wendung im Fall. Lamo war angeblich kein Unbeteiligter der zufällig kontaktiert wurde, vielmehr will uns die Zeitung glauben machen, dass es ein Projekt Vigilant gibt. Dieses Projekt wertet angeblich die Daten verschiedener großer US-Provider aus, die diese denen freiwillig zur Verfügung stellen. Mit den Daten kann das Projekt alles und jeden durchleuchten. Unter anderem ... wurde sein Mitarbeiter Adrian Lamo auf Mannings Internet-Nutzungsverhalten aufmerksam und konnte durch Analyse des Netzwerkverkehrs nachweisen, dass Manning „Collateral Murder“, das Video aus dem Irakkrieg, an Wikileaks weitergeleitet hatte.

Die Geschichte mag durchaus in Teilen stimmen. Jedoch glaube ich, dass da mehr FUD dahinter steckt. Denn mit einer solchen Nachricht lassen sich sicher einige potenzielle Tippgeber abhalten. Denn ein derartiges Projekt könnte auch auf den Tippgeber kommen und es ist dahin, mit der Anonymität.

Richard Bejtlich stellte sich ebensolche Fragen und recherchierte ein wenig. Er ist selbst in der Szene aktiv und kennt das Projekt bisher nicht. Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass einem Insider ein Projekt mit angeblich 500 Mitarbeitern nicht zumindest Gerüchte zu Ohren gekommen sind. Bei weiteren Untersuchungen kommt er darauf, dass die Webseite des Projekts erst im letzten Jahr registriert wurde. Der angebliche Investor sieht auch eher nach einem Jungen aus Small-Town-Amerika aus. Insgesamt glaubt Bejtlich an einen publicity stunt.

My guess is that Chet and friends are trying to jump-start a security company, so they make a big splash at Def Con and then try to hire a few people. What does anyone else think?

Ich würde die Nachricht ebenfalls nicht ernst nehmen. Vielmehr scheint es doch so, als ob Wikileaks wirklich ernst genommen wird. Wenn also jemand etwas zu publizieren hat, sollte er sich unbedingt an das Projekt wenden.

Errata Security zu Collateral Murder

Gestern schrieb ich hier über das von Wikileaks veröffentlichte Video. Mittlerweile gibt es viele, teils negative, Meinungen zu dem Thema. Insbesondere finde ich den Kommentar von Errata Security Why Wikileaks sucks lesenswert.

Our Army was clearly wrong in withholding this video. [..]

On the other hand, Wikileaks is partisan, with no integrity. [..] This partisan approach to “leaks” is not the sort of thing I want to see.

It’s not simply partisan, but greedy. Their front page also encourages donations. The more they can distort the contents of leaks like this, the more money they stand to make.

Collateral Murder

Stell dir vor, du bringst ein paar Freunde und Reporter zu deinem Haus. Während du dein Auto parkst, erscheint plötzlich ein Hubschrauber. Er eröffnet ohne Vorwarnung das Feuer. Als du dann einen Verwundeten siehst und den bergen willst, wird auch auf dich geschossen.

Das klingt unwirklich? In Kurzform ist es genau das, was 2007 einigen Irakern in Bagdad passierte. Bei diesem Übergriff starben die REUTERS-Angestellten Namir Noor-Eldeen und Saeed Chmagh sowie diverse Zivilisten. Die damalige Pressemitteilung las sich so:

Nine insurgents were killed in the ensuing firefight. One insurgent was wounded and two civilians were killed during the firefight.

The two civilians were reported as employees for the Reuters news service.

Am Montag veröffentlichte Wikileaks ein Video, welches aus einem Apache-Helikopter gedreht wurde. Der Apache wurde seinerzeit zur Luftunterstützung angefordert. Auf dem Video sind sowohl die Bilder zu sehen wie auch die Kommentare per Funk zu hören. Dieses Video ist auf der Seite Collateral Murder zu sehen. Die Echtheit wurde mittlerweile bestätigt.

Zu dem Zeitpunkt waren offensichtlich Bodenstreitkräfte unterwegs und hatten Kontakt zu bewaffneten Kräften. Daher forderten sie den Hubschrauber als Unterstützung an. In dieser Zone hielten sich die Reporter auf und wollten Aufnahmen anfertigen. Der Apache sah wie sich die Gruppe von Menschen unterhielt und interpretierte die Teleobjektive der Journalisten als Raketenwerfer bzw. automatische Waffen. Nun folgte der Beschuss der Gruppe sowie anschließend auch noch der Retter. Wie man den Aufnahmen entnehmen kann, hatte es die Besatzung sehr eilig mit den Schüssen. Andere Reporter, die sich in der Gegend aufhielten, berichteten ähnliches.

It looked like the American helicopters were firing against any gathering in the area, because when I got out of my car and started taking pictures, people gathered and an American helicopter fired a few rounds, but they hit the houses nearby and we ran for cover.

Dabei ist besonders erschütternd, wie menschenverachtend die Besatzung eingestellt ist. Ein Verletzter, wahrscheinlich einer der Journalisten, bewegt sich nach dem Beschuss noch. Jemand aus der Besatzung fordert diesen per Funk auf, sich endlich eine Waffe zu schnappen. Denn dann könnte derjenige weiter schießen. Dies stellt eine grobe Missachtung der Rules of Engagement (PDF) dar. Darin heißt es:

Do not target or strike anyone who has surrendered or is out of combat due to sickness or wounds.

Aber sowohl die Besatzung des Helikopters wie auch andere Akteure wurden in vorigen Untersuchungen von jeglicher Schuld freigesprochen. Angeblich haben sie angemessen gehandelt und sind den oben beschriebenen Rules of Engagement gefolgt. In einem Interview äußerte sich Julian Assange von Wikileaks bereits dazu und meinte, dass in dem Fall offensichtlich diese Regeln überarbeitet werden müssen. Denn es kann nicht sein, dass jemand der einer Zielperson wahrscheinlich hilft, als faires Ziel angesehen wird. So frei nach der Regel, die Freunde meiner Feinde sind meine Feinde.

Insgesamt kann man Wikileaks nur für die Veröffentlichung danken. Denn so wird wieder mal klar, dass diverse offizielle Nachrichten nicht komplett vertrauenswürdig sind. Ich würde mich weiter freuen, wenn diverse Regeln überarbeitet werden.

"Collateral Murder" vollständig lesen

Erster Tag des 26C3

Maskottchen der
  UAE-Zensoren

Der erste Tag des 26C3 liegt hinter mir und er war sehr intensiv. Wir kamen gegen Mittag in Berlin an, vor dem bcc stand bereist eine Schlange und als ich reinkam, hörte ich, dass alle Tickets ausverkauft waren. Glücklicherweise brauchte ich als Vortragender keine Tickets. :-)

Direkt nach der Keynote von Frank begann mein Vortrag. Ursprünglich rechnete ich mich etwa 200 Besuchern. Umso erschrockener war ich als sich nach meinen Berechnungen knapp 1000 Leute im Saal einfanden. Entsprechend nervös begann ich. Jedoch legte sich die erste Nervosität schnell und ich konnte die geplanten Punkte rüberbringen. Das Maskottchen von der Stoppseite der Vereinigten Arabischen Emirate fand ebenso Gefallen. Insgesamt war der Vortrag aus meiner Sicht gut gelungen und die Kommentare der Zuhörer bestätigten den Eindruck.

Der Vortrag zu Wikileaks war für mich dann der Highlight des Tages. Nach einer Einführung zum Projekt stellten die Macher dann die spektakuläre Idee vor. Island wurde in der Vergangenheit sehr stark von der Finanzkrise gebeutelt und bei deren Kaupthing-Bank fand geradezu eine Plünderung statt. Wikileaks sorgte dafür, dass die daran beteiligten Firmen veröffentlicht wurden. Die Einwohner des Landes waren extrem dnkbar dafür und haben keine Lust mehr auf diverse Finanzhaie. Stattdessen hat sich die Regierung den Plänen der Wikileaks-Macher angeschlossen, aus Island ein Offshore-Information-Center ähnlich den Offshore-Finanz-Centern zu machen. Das heißt, die Legislative werden demnächst ein Gesetz einbringen, die Pressefreiheit, Informantenschutz und Recht auf Anonymität garantieren. Weiterhin bietet das Land die Ressourcen, um Datencenter zu betreiben. Wenn das klappt, wäre das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Wikileaks bittet daher um Unterstützung. Entweder sollen Interessierte direkt mit nach Island kommen, um die Abgeordneten zu überzeugen oder man kann auch vom Festland aus über die Pläne berichten. Ich bin sehr gespannt, ob das klappt.

Roger Dingledine vom Tor-Projekt erzählte ebenfalls ein wenig über Zensur und wie Tor mit den Brückenservern bei der Umgehung hilft. Für mich brachte der Vortrag wenig neues. Aber es ist immer wieder schön, die Personen vom Projekt zu treffen und ein paar Worte zu wechseln.

Grundsätzlich verbrachte ich große Teile des Tages mit Gesprächen, dem Austausch von Ideen und ähnlichen. Gegen zwei Uhr war der Tag zu Ende und mit Vorfreude auf die weiteren Tage ging es dann ins Bett.

Datenspuren 2009 in Dresden

Anfang Oktober ist es wieder soweit. Zum einen werde ich von einem Professor zum Thema Gruppentheorie befragt und zum anderen finden in Dresden wieder die Datenspuren statt. Die Veranstaltung des C3D2 stehen in diesem Jahr unter dem Motto Hands off – Privacy on! Finger weg von unseren Grundrechten und Hand anlegen um unsere Privatsphäre zu schützen. Es gibt zahlreiche interessante Vorträge zu Zensur, Wikileaks, Anonymität und vielem anderen. Im Fahrplan sind alle Veranstaltungen aufgelistet. Ich werde zusammen mit Konrad eine kleine Rundreise durch die zensierte Welt unternehmen, d.h. wir erzählen euch, in welchen Ländern wie gefiltert wird, welche Technik zum Einsatz kommt etc.

Kommt also zahlreich nach Dresden und erzählt auch euren Freunden von der Veranstaltung. Die andere Sache werde ich wohl allein bestreiten müssen. ;-)

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