Jenas Bürger können über die Verwendung “überschüssiger” Gelder selbst bestimmen. So oder so ähnlich klang die Meldung, die mir Heidi kürzlich vorlies.
Die Stadt Jena hat im letzten Jahr mehr Einnahmen aus der Gewerbesteuer gehabt, als geplant. Insgesamt waren das etwa 20 Millionen. Nach Abzug diverser Posten blieben 13 Millionen übrig, über die abzustimmen war. Die Stadt hatte 18 Punkte ausgearbeitet:
- Rückführung der Verschuldung
- Gründung einer Stiftung Jugend, Bildung, Kultur
- Investitionen ins Jenaer Straßennetz
- Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes
- Schulbaufinanzierung
- Finanzierung neuer Schulausstattungen
- Ausbau des Jenaer Radwegesystems
- Bedarfsgerechte Finanzierung Sockelbetrag Jugendförderplan 2009—2011
- Kommunales Programm Schulsozialarbeit
- Erhöhung des Freibetrages in der Kita-Gebührensatzung auf 1.150 €
- Neubau eines Denkmals
- Schulbeihilfen
- Kulturförderung
- Förderung der Sozialvereine
- Sozialarbeiter bei jenarbeit
- Anschaffung BMX-Elemente
- Beteiligung der Stadt an Sanierungen universitärer Einrichtungen
- Weiterentwicklung des Inselplatzes
Eine Broschüre (PDF, 214kB) klärt über die einzelnen Punkte genauer auf.
Mir fielen die Punkte Rückführung der Verschuldung
sowie Erhöhung des Freibetrages in der Kita-Gebührensatzung
sofort ins Auge. Es soll der gesamte Betrag zur Rückführung der Schulden genutzt werden. Momentan hat Jena knapp 86 Mio. Euro Schulden und zahlt etwa ein Neuntel des Betrages als Schuldendienst. Laut der Annahmen der Stadt ergibt sich durch die Rückzahlung eine jährliche Ersparnis von knapp einer Million Euro über die nächsten zwanzig Jahre. Der Punkt klingt also recht verlockend.
Von der Erhöhung der Freibeträge für Kita-Gebühren könnte ich direkt profitieren. So zumindest hoffte ich das beim ersten Überfliegen. Jedoch ist das auf ein Jahr beschränkt und mit etwas Pech verdiene ich zuviel. Dann hätte das also keinen Effekt für mich.
Der letzte Punkt scheint mir ebenfalls interessant. Jedoch müsste ich mich hier erst genauer informieren, was evtl. wie geplant ist.
Alles in allem klangen die Angaben gut und ich besuchte in froher Hoffnung, die Webseite der Stadt zum Bürgerhaushalt. Dort musste ich dann lesen, dass die Abstimmung zum 2008-07-02 geschlossen wurde. Schade. Warum ist das Thema bislang an mir vorbei gegangen?
Heute schreibt die OTZ und auch die TLZ über die Abstimmung. Demnach wurden mehr als 3 000 Stimmen abgegeben. Der Vorschlag mit der Rückzahlung der Schulden lag weit vorn. Danach stimmten die Bürger für den Bau der Radwege, Ausbau der Straßen und anderes.
Die überraschend niedrige Zahl an abgegebenen Stimmen zeugt meiner Meinung auch davon, dass kaum jemand davon wusste. Etwa 1 400 Stimmen kamen aus Direktansprachen (Zettel von Stadtverwaltung und Fraktion verteilt) und 1 700 kamen aus der Abstimmung im Internet. Es ist kaum zu glauben, dass sich nur 3% der Bevölkerung für die Finanzen interessieren. Vielmehr schien kaum jemand davon zu wissen. Ich würde mir für das nächste Mal wünschen, wenn die Stadt die Abstimmung über den Bürgerhaushalt breiter ankündigt.