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Im Gefängnis für 4,8 Millionen Downloads

Aaron Swartz ist (zumindest im Internet) ein recht bekannter Mann. Er hat mit sehr jungen Jahren an Standards mitgearbeitet, Firmen gegründet und ist in vielen Bereichen aktiv. Unter anderem engagiert er sich für den freien Zugang zu Dokumenten. In dieser Mission lud er 2009 öffentliche Gerichtsdokumente herunter und machte diese einfach zugänglich. Laut einem Artikel in der The New Times waren es knapp 20 Millionen Dokumente. Nun schlug Swartz erneut zu und lud knapp 5 Millionen wissenschaftliche Artikel bei JSTOR herunter. Die Webseite bietet Zugang zu diversen akademischen Zeitschriften. Das MIT hat, wie viele andere Unis, einen Zugang gekauft und bietet den Angehörigen darüber kostenfreien Zugang zu Dokumenten an. Laut der Anklageschrift kann ein derartiger Zugang durchaus 50.000 US-Dollar und mehr kosten. Der Anbieter verbietet die Benutzung von automatisierten Download-Programmen, das Herunterladen aller Ausgaben einer Zeitschrift oder eine Nutzung, die über die persönliche hinausgeht. Das MIT wiederum erlaubt allen Studenten, Mitarbeitern und Gästen den Download der Dokumente.

 Was genau tat Swartz? Die Anklageschrift schreibt, dass er sich einen Laptop kaufte und den unter einem Pseudonym beim MIT Netzwerk registrierte. Laut den Regeln darf man wohl bis zu 14 Tagen das Netz als Gast benutzen. Nachdem sich Swartz angemeldet hatte, startete er ein Python-Programm. Das begann die Daten herunterzuladen. Als JSTOR und das MIT dies entdeckten, begann das Katz-und-Maus-Spiel. IP-Adresse gesperrt, neue IP-Adresse benutzt, MAC-Adresse gesperrt, neue MAC ausgewürfelt. In der Folge sperrte JSTOR das gesamte MIT vom Zugriff auf die Dateien. Angeblich ging plazierte Swartz einen Laptop an einer versteckten Stelle, um die Daten herunterzuladen. Die Ermittler vermuten, er wollte die Dateien auf einer Filesharing-Seite verbreiten. Daher ließen sie ihn verhaften. Jetzt drohen ihm bei einer Verurteilung bis zu 35 Jahre Gefängnis. Insgesamt wird er sechs Vergehen (Wire Fraud, Computer Fraud,  Unlawfully Obtaining Information from a Protected Computer, Recklessly Damaging a Protected Computer, Aiding and Abetting sowie Criminal Forfeiture) beschuldigt. Davon kommt die Hälfte aus dem Titel 18, Abschnitt 1030 des United States Code. Der läuft unter dem Namen Computer Fraud and Abuse Act (CFAA).

 Wenn ich die Anklageschrift so lese, fühle ich mich an den Fall von Thomas Andrews Drake, einem NSA-Whistleblower, erinnert. Aber auch im Fall Bradley Manning berühren viele Anschuldigungen den CFAA. Ob dieser im Fall Swartz anwendbar ist, wird sich noch zeigen. Bei Drake wurden alle Anschuldigen bis auf eine fallen gelassen. Auch in anderen Fällen war der CFAA nicht unbedingt anwendbar.

Wenn man die diversen Beiträge liest, kommt entweder der Vergleich zu jemandem, der zu viele Bücher ausgeliehen hat bzw. der übliche Raubkopierer-Vergleich. Nach meiner Meinung treffen beide nicht den Punkt. In einer Bibliothek ist es in der Regel nicht möglich, in endlicher Zeit zwei Drittel des Bestandes auszuleihen. Weiterhin ist ein Buch nach der Rückgabe nicht mehr im eigenen Haushalt vorhanden. Swartz hat zwar mittlerweile alle Kopien zurückgegeben. Doch wer weiß, ob er nicht noch eine oder zwei Sicherheitskopien behalten hat. :-) Bei Diebstahl bzw. Raubkopie stellt sich die Frage, warum die Firma nach einem Diebstahl noch alle Daten hat. Mir gefällt folgender Vergleich recht gut: JSTOR bzw. das MIT haben Swartz in ihr Haus gelassen und sind jetzt sauer, dass er ihnen den Kühlschrank leer gegessen hat.

Letztlich bleibt für mich die Aussage, dass ein Crawler benutzt wurde. Dies verstößt gegen die TOS von JSTOR. Aber ob man ihn deswegen mit 35 Jahren belangen sollte? 

Weitere Quellen:

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