Schreibt eure Provider wegen der Vorratsdatenspeicherung an!
Seit nun mehr als zehn Jahren wird um die Vorratsdatenspeicherung gerungen. Verordnungen und Gesetze wurden verabschiedet, Klagen dagegen bestritten und gewonnen. Es gab unzählige Demonstrationen und Aktionen gegen diese Form der Überwachung. Am 1. Juli 2017 soll es nun soweit sein, dass wieder ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eingeführt und umgesetzt wird. Auch hier gibt es einige laufende Verfassungsbeschwerden. Digitalcourage plant am 29. Juni 2017 Proteste gegen das Gesetz. Die SpaceNet AG klagte gegen das Gesetz und nun beschloss das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen, dass das Gesetz gegen europäisches Recht verstösst. Diese Entscheidung betrifft nur die SpaceNet AG. Andere Provider müssen entsprechend nachziehen. Um an der Stelle etwas Druck aufzubauen, will ich verschiedene Provider anschreiben und diese auffordern oder bitten, es der SpaceNet gleich zu tun. Unten findet ihr mein Musterschreiben. Ihr könnt es gern verwenden oder verbessern.
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG) hat mit Beschluss 13 B 238/17 vom 22. Juni 2017 entschieden, dass die zum 1. Juli 2017 umzusetzende Vorratsdatenspeicherung (VDS) gegen europäisches Recht verstößt. Damit wurde die Klägerin von der Speicherpflicht entbunden. Ich möchte Sie hiermit bitten, sich ebenso für die Grundrechte Ihrer Kundinnen und Kunden einzusetzen und eine ähnliche Entscheidung für Ihr Unternehmen zu erwirken.
Das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (VerkDSpG) verpflichtet Internetserviceprovider (ISP) spätestens ab dem 1. Juli 2017 anlasslos eine Reihe von Verkehrsdaten zu speichern. Diesem Gesetz geht die Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten und die deutsche Umsetzung im Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG zuvor. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese Regelungen in dem Urteil 1 BvR 256/08 vom 2. März 2010 für verfassungswidrig und damit nichtig. Am 8. April 2014 hob dann der europäische Gerichtshof (C-293/12, C-594/12) die Richtlinie auf, da diese gegen verschiedene Rechte aus der europäischen Grundrechtscharta verstößt.
Der deutsche Provider SpaceNet AG klagte nun gegen das im Dezember wieder eingeführte Gesetz und bekam am 22. Juni 2017 vor dem OVG NRW Recht. Das Gericht beschloss, dass die Vorratsdatenspeicherung gegen europäisches Recht verstößt. Die SpaceNet AG muss damit die VDS nicht umsetzen.
Das Urteil betrifft allerdings nur einen Provider. Ohne eine ähnlich gelagerte Entscheidung müssen andere ISP die VDS umsetzen. Daher möchte ich Sie bitten, sich für die Grundrechte Ihrer Kundinnen und Kunden einzusetzen und ein ähnlich gelagertes Urteil zu erwirken. Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, ob Sie für Ihr Unternehmen derartige Schritte planen oder ob Sie ggf. anderweitig gegen die VDS vorgehen wollen.
Ich danke Ihnen vorab für Ihre Bemühungen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Hoffen wir, dass sich möglichst viele Provider gegen die VDS stark machen und das Gesetz endlich gekippt wird!
Update: Golem berichtet, dass Vodafone keinen Eilantrag stellen will und Telefónica/O2 die Sachlage prüft.
Comments
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Colognerd on :
Jens Kubieziel on :
Demonstrare.de on :
verstösst = verstößt
Bunderverfassungsgericht = Bundesverfassungsgericht
Jens Kubieziel on :
Christian F. on :
rainer on :
Arthur on :
Diana I. on :
komplett egal ist. Soll man sie trotzdem anschreiben, oder ist das telekomegal?
Jörg B. on :
Björn on :
ich habe mein Schreiben noch um diesen Passus ergänzt:
Über die vorstehenden grundsätzlichen Erwägungen hinaus sehe ich Sie auch mit Blick auf die Interessen Ihrer Aktionäre in der Pflicht, juristisch gegen die Um-setzung einer rechtswidrigen und kostenintensiven Maßnahme wie der VDS vorzugehen. Dies auch mit Blick auf die Tatsache, dass eine Untätigkeit in diesem Bereich Sie gegenüber juristischen Schritten Ihrer Kunden angreifbar machen könnte.
VG
Björn
Peter W. on :
Im Falle der Telekom tue ich mich da schon recht schwer.
Jens Kubieziel on :
Ansonsten kann es sich auch lohnen in sozialen Medien zu fragen bzw. zu schauen, ob die Unternehmen dort einen Account haben.
Klaus Löfflad on :
Klaus Löfflad on :
[quote]Sehr geehrter Herr Löfflad,
vielen Dank für Ihre Nachricht zur Vorratsdatenspeicherung.
Wie alle Telekommunikationsanbieter in Deutschland ist 1&1 verpflichtet, zum 1. Juli das Ende 2015 verabschiedete Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Grundsätzlich sehen wir dies als eine staatliche Aufgabe, die nicht an die Privatwirtschaft delegiert werden sollte. Dennoch müssen wir uns an das geltende Gesetz halten.
Das Urteil des OVG NRW ist zunächst eine Einzelfallentscheidung, die außerdem nur im Eilverfahren getroffen wurde. Wir rechnen damit, dass es noch zu einem Hauptsacheverfahren kommt. Wenn die Urteilsbegründung vorliegt, werden wir diese prüfen und dann über mögliche weitere Schritte entscheiden.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Informationen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
1&1 Kundenservice[/code]