Eine alte Redewendung besagt: „Reden ist Silber, Schweigen ist
Gold.“ Gerade im Hinblick auf polizeiliche Ermittlungen ist dieser
Hinweis wirklich Gold wert.
Auf dem 23C3 begeisterte der Rechtsanwalt Udo Vetter viele Zuhörer mit seinem
Vortrag Sie haben das Recht zu schweigen
. Er
gab damals einige Hinweise, wie man sich bei einer Hausdurchsuchung
verhalten soll. Der mit Abstand wichtigste Hinweis fand sich schon im
Titel.
Einige Zeit später stieß ich auf ein Video eines amerikanischen
Professors (siehe unten). Auch er erklärte seinen Zuhörern, warum es beim Kontakt
mit den Polizeibehörden wichtig ist, nichts zu sagen. Dabei ging er
recht methodisch vor und machten an verschiedenen Profilen (Schuldige,
Unschuldige, Lügner, Ehrliche etc.) klar, dass niemand einen Vorteil
hat, ohne Anwalt mit den Behörden zu reden. Der Vortrag wurde von
einem Ermittler ergänzt, der seine Rede mit einer vollumfänglichen
Bestätigung des Vorredners begann.
Dennoch hat sich diese Erkentnis noch nicht herumgesprochen und
sogar hochrangige Personen tappen in die Falle. Der aktuelle The New Yorker beschreibt die Geschichte von Thomas
Drake, einem Ex-NSA-Mitarbeiter und Whistleblower. Drake misfiel die
enorme Geldverschwendung der Behörde sowie die Unrechtmäßigkeit der
Abhörmaßnahmen. Nachdem er intern keinen Erfolg mit seinen Beschwerden
hatte, wandte er sich an die Medien. Durch die Berichte in der
Baltimore Sun kam es zu Ermittlungen und er wie einige andere stand im
Fokus von Ermittlungen. Bei einer Hausdurchsuchung machte er dann wohl
einen entscheidenden Fehler:
…, he viewed the raid as a fresh opportunity to blow
the whistle. He spent the day at his kitchen table, without a lawyer,
talking. […] He also disclosed his computer password.
Insgesamt kooperierte Drake lange Zeit mit den Behörden und
versuchte sich dadurch einen Vorteil zu verschaffen. Mittlerweile ist
das Ausmaß seiner „Verbrechen“ klar. Laut Anklageschrift soll er fünf geheime Dokumente entwendet und die
Behörden belogen haben. Interessanterweise hatte eines der Dokumente
keinerlei Sicherheitseinstufung. Nach der Anklage war das falsch eingestuft und hätte
geheim sein müssen. Die Schrift behauptet, das hätte er wissen müssen. Ein zweites
Dokument wurde drei Monate nach der Anklage deklassifiziert, also als
nicht geheim erklärt. Dafür erwartet ihn unter Umständen eine Strafe
von 35 Jahren im Gefängnis. Bei der Anklage ist der Punkt mit der
Lüge interessant. Denn wie der oben erwähnte Professor schon
ausführte, kann eben genau das passieren, wenn man sich mitteilt. Das
heißt, erzählt man etwas, dass sich später als unwahr herausstellt
bzw. die Ermittler der Meinung sind, dass es unwahr ist, so führt das
zu einem Extra-Anklagepunkt.
Aber selbst wenn sich jemand vornimmt, nichts zu sagen, so dürfte
das in der realen Situation schwierig sein. Zum einen ist eine
Hausdurchsuchung für die meisten eine sehr ungewohnte, belastende
Lage. Hier wird es schwer, sich an seine „Vorsätze“ zu erinnern. Zum
anderen beschreibt der oben genannte Ermittler die Verhältnisse ganz
gut. Er sagt: „Stellen Sie sich vor, ein Normalbürger steigt mit einem
Profiboxer in den Ring. Wer wird den Kampf gewinnen?“ Der Profiboxer
ist in dem Fall der Ermittler, der eine umfassende Ausbildung darin
bekommen hat, wie er Menschen zum Reden bekommt. Aber wer von euch
hatte schon eine Ausbildung im Schweigen? Der Ermittler beschreibt
auch sehr schön die diversen Tricks, mit denen er sein Ziel
erreicht.
Solltet ihr mal in eine solche Situation kommen, dann antwortet
einfach auf jede Anfrage eures Gegenübers mit dem Satz: „Bitte nehmen
Sie zur Kenntnis, dass ich keine Aussage machen möchte“ (frei nach den
Worten von Udo Vetter). Hoffentlich wird dann alles gut.
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