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Rückblick auf ein Jahr Remailer-Betrieb

Na gut, eigentlich ist es schon mehr als ein Jahr, dass ich den Mixmaster-Remailer in Betrieb habe. Aber die paar Tage machen den Kohl nicht fett.

Nachdem ich desöfteren mit Mixmaster, Mixminion und Co. herumgespielt hatte und das im Buch Anonym im Netz lang und breit beschrieb, wollte ich einen langlebigeren Mixmaster-Server als Remailer anbieten. Meiner Meinung nach sollte ein vServer hierfür reichen und durch die Suche bei Webhostlist stiess ich auf ein Angebot der Firma Xantron. Diese bot einen vServer mit 1 GB RAM, 1 GB Festplatte und unbegrenztem Traffic an. Für den Anfang sollte das ein hinreichendes Angebot sein.

Anfangs liess ich testweise einen Tor-Server dort laufen. Denn der Eintrag der FAQ z u Tor auf virtuellen Servern sagte damals, es würde nicht funktionieren. Bei meinem Test klappte es jedoch ohne Probleme. Ich konnte Tor auf dem Server über mehrere Wochen ohne Einschränkungen laufen lassen. Irgendwann aktualisierte ich dann auf eine neue Version und der Tor-Prozess startete kurz, um gleich wieder abzusterben. Es gab keine Core-Datei. Das Log blieb ohne Anzeichen auf irgendwelche Probleme. Der gesamte Fall schien sehr mysteriös. Die Seite mit (un)geeigneten ISPs für Tor brachte mich dann auf eine Idee. Ich legte ein kleines Shell-Skript an, welches den Namen Tor trug und führte das aus. Kurze Zeit später brach es ab. Eine weitere Analyse ergab dann, dass der Provider wahrscheinlich einen Cronjob laufen hatte, der nach Prozesses mit dem Namen “tor” suchte und diese beendete. Sobald ich die ausführbare Datei von tor in nichttor oder ähnliches änderte, klappte wieder alles. Nach diesem Zwischenspiel richtete ich dann den Remailer ein.

Die Einrichtung ist in meinem Buch beschrieben und recht einfach zu machen. Entweder beantwortet man Fragen über ein Menu oder editiert eine Datei mit den Einstellungen.Danach sollte getestet werden, ob der Remailer wirklich so funktioniert, wie er sollte. Falls das der Fall ist, können die anderen Operatoren über den neuen Remailer informiert werden. Nun treffen nach und nach Nachrichten ein und der neue Remailer wird in das Netz der bestehenden integriert.

Mein Remailer nennt sich devurandom und hat momentan die beste Uptime im Netz. :-) Er bewegt etwa 5.000 E-Mails am Tag durch das Netz. Ein Großteil davon sind Nachrichten, die an andere Remailer weitergegeben werden. Nur ein etwa ein Fünftel der eingehenden Nachrichten verlässt das Remailer-Netzwerk und geht an den endgültigen Empfänger. Daneben gibt es eine Handvoll Postings in das Usenet.

monatliche Load des Serervs

Die Last, die das System erzeugt, ist zu vernachlässigen. Die Grafik zeigt einen Überblick über die Systemlast des letzten Monats. Es gab mal eine Spitze von 0,5. Aber in der Regel liegt die Last bei unter 0,1. Auch die sonstigen Parameter des Systems weisen nicht auf irgendeine Überlastung hin. Vielmehr langweilt sich der vServer die meiste Zeit des Tages. Die einzige Sache, die mich hin und wieder stört, sind viele zurückgestellte (deferred) E-Mails. Momentan liegen über dreihundert E-Mails rum, da ein Remailer an einem DSL betrieben wird und der Rechner ist wahrscheinlich gerade aus.Die Grafik der zurückgestellten E-Mails sieht daher wie ein Börsenkurs aus. ;-)

Eine Frage, die wahrscheinlich viele der Leser interessiert, ist der Missbrauch. Wie oft wird der Dienst missbraucht? Wieviele Hausdurchsuchungen hatte ich schon? Letzte Frage lässt sich einfach beantworten: 0. Wie oft Missbrauch geschieht, kann ich leider nicht sagen. Denn als Betreiber sieht man nur die Spitze des Eisberges. Nur wenn ich jede E-Mail lesen und auswerten würde, hätte ich genaue Zahlen. Daher will ich mich auf Beschwerden von dritter Seite konzentrieren.

Im letzten Jahr gab es insgesamt drei Fälle, in denen sich eine dritte Seite an mich gewendet hat. Anfang 2008 rief mich ein Rechtsanwalt an. Das Telefonat war etwas wirr. Aber soweit ich es verstanden habe, hat sein Klient eine E-Mail von meinen Remailer erhalten. In der E-Mail waren Links zu Bildern, die angeblich urheberrechtlich geschützt sind. Er wollte natürlich den Urheber der E-Mail wissen. Ich habe ihm dann in einer längeren E-Mail das Wesen des Dienstes erklärt und ihm auch gesagt, dass ich den Urheber nicht kenne. Seitdem habe ich nichts mehr gehört.

Der zweite Kontakt war ebenfalls wieder über einen Rechtsanwalt. Er schrieb mir einen formellen Brief. Ein Nutzer hat seinen Klienten beleidigt und auch er wollte den Urheber wissen. Ich ging wieder wie oben vor und auch hier gab es nie eine Antwort oder Rückmeldung.

Der bisher letzte Kontakt war auch der spannendste. Den Vorfall hatte ich schon im Beitrag Ihre Kriminalpolizei bittet um Mithilfe beschrieben. Damals hatte jemand eine Drohmail über den Remailer verschickt und die Polizei wollte den Urheber wissen. Nach einer Erklärung über die Funktionsweise des Remailers und der Bemerkung, dass ich nicht logge, war am anderen Ende ein Grummeln zu hören. Jedoch kam der Beamte noch auf die Idee, dass ich ihm doch einen Abzug des RAM machen könne. Nachdem ich auch das verneint hatte, kam am anderen Ende die Bemerkung, dass ja jetzt eh Feierabend sei und man daher die Akte schließen werde. Ich habe auch von diesem Vorfall nichts wieder gehört.

Der Vertrag über den Server wurde kürzlich wieder verlängert und ich werde auch in diesem Jahr den Mixmaster weiter laufen lassen. Sobald ich Zeit habe, kommt noch ein Mixminion-Server hinzu.

Videoüberwachung in der Gastronomie

Frontansicht einer Überwachungskamera

In der Online-Ausgabe der Welt las ich gerade einen Artikel zur Videoüberwachung. Danach gab es in der Kaffeekette Balzac Kameras, die unter anderem die Sitzgelegenheiten überwachten. Eine Person klagte dagegen und bekam Recht. Demnach dürfen Bereiche, in denen Tische oder Sitzgelegenheiten stehen, nicht durch Kameras beobachtet werden.

Gerade in Jena gibt es einige Lokale, die intensiv Videoüberwachung einsetzen. Insbesondere wird immer wieder das Gatto Bello genannt. Das wurde Anfang 2007 in dieser Sache verklagt (Beitrag bei Monoteque, Beitrag bei Restaurant-Kritik). Leider konnte ich nicht rausfinden, was dabei rauskam. Falls jemand näheres weiß, würde ich mich über einen Kommentar freuen. Aber auch weitere Restaurants und Kneipen setzen derartige Maßnahmen ein. Vielleicht werde ich die betreffenden Örtlichkeiten mal auf das Urteil hinweisen. Mit etwas Glück gibt es dann ein paar Kameras in Jena weniger. ;-)

via Daten-Speicherung.de

Foto von Cristiano Betta

Die Bombe vor dem Justizministerium

Videoüberwachung schützt uns vor Straftaten! So oder so ähnlich wird immer wieder die Formel von Sicherheitspolitikern heruntergebetet. Nun haben sich ein paar Aktivisten der Ortsgruppe Hannover des AK Vorrat mal an einen praktischen Test gemacht. Sie legten im Rahmen einer Kunstaktion vor dem Justiz-, dem Sozialministerium sowie vor dem Landtag eine Bombe und warteten, wann diese entfernt wird. Wie man sich unschwer denken kann, mussten die Aktivisten ihr “explosives Kunstwerk” nach einiger Zeit unverrichteter Dinge mit nach Hause nehmen. Niemand kam und schaute wenigstens nach dem guten Stück.

Ein Video der Aktion ist an zwei Stellen verfügbar.

Auch in Jena tut sich was: Noch vor einem Monat berichtete ich über den Abbau einer Kamera. So staunte ich gestern nicht schlecht, sie mich bei einem Spaziergang durch die Stadt wieder anlächelte. Es wird wohl Zeit, wirklich etwas dagegen zu tun.

Ihre Kriminalpolizei bittet um Mithilfe

Gestern wollte ich hier noch ein Posting verfassen, dass mit den Worten: Hoffentlich klingelt morgen früh nicht die Polizei an meiner Tür und kommt zur Durchsuchung. enden sollte. Aber es klingelte niemand und ich konnte in Ruhe mein Brötchen zum Morgen genießen. Was war passiert?

An dem Nachmittag hatte ich eine Rückrufbitte auf meinem Schreibtisch liegen. Ein Beamter der Kriminalpolizei wollte mich sprechen. Solche Nachrichten lassen natürlich den Puls erstmal hochschnellen. Was können die wollen? Was habe ich verbrochen? Nach kurzem Nachdenken wurde mir jedoch klar, worum es sich handeln könnte. Die Vermutung wurde dann auch im Gespräch bestätigt.

Neben Tor-Servern betreibe ich auch einen Mixmaster-Remailer. Der anonymisiert E-Mails. Wie auch bei Tor ist es natürlich möglich, dass dieser missbraucht wieder. Hin und wieder bekomme ich davon auch etwas mit, wie in diesem Fall. Jemand hat über den Dienst eine Drohmail verschickt. Jetzt versuchten die Beamten der Kriminalpolizei den Täter zu ermitteln. Da der Remailer als Absender stand, kamen sie auf mich.

Im Gespräch war von Anfang an klar, dass ich hier Zeugenfunktion hatte. Sie dachten, dass ich eine Art Proxy betreibe und so den Verursacher herausfinden kann. Daher kam auch die Forderung, anhand meiner Logs den Absender zu suchen. Ich erklärte daraufhin grob die Funktionsweise des Dienstes und verwies als kurze Informationsquelle auf den Artikel in der Wikipedia. Als ich dann noch erwähnte, dass ich nicht logge, war ein Grummeln am anderen Ende der Leitung zu hören. ;-) Aber flugs kam der Vorschlag, doch einen Abzug des RAM zu machen. Zu meinem Bedauern musste ich auch das Verneinen. Denn in dem Falle habe ich keinen Zugriff darauf. Damit war das Gespräch im wesentlichen beendet, denn weitere Ansätze auf meiner Seite gab es nicht.

Derartige “Kontakte” bringen mich immer wieder ins Nachdenken. Wo zieht man die Grenze zu “zuviel Missbrauch”? An welchem Punkt treffe ich die Entscheidung, den Anonymisierungsdienst abzuschalten? Leider ist es halt so, dass man (meist in unangenehmer Weise) vom Missbrauch erfährt, aber so gut wie nie von den positiven Seiten. Also die Antwort auf die Frage, wem hat der Dienst wirklich genützt und geschützt. Das liegt halt in der Natur der Sache.

Kamera abgebaut

Letzte Woche leitete ich in Magdeburg ein Seminar zum Thema Datenschutz und -sicherheit. Passend dazu brachte die Volksstimme zur Wochenmitte die Nachricht, dass am Magdeburger Justizzentrum gefilmt und abgehört wird. Der Landesdatenschutzbeauftragte trat daraufhin in Aktion und unterband die Praxis. Für mein Seminar war das natürlich ein gelungener Aufhänger für die morgenliche Diskussionsrunde. ;-)

Aber auch in Jena gab es Kameras, die filmen und mithören konnten. Am Intershop-Tower gibt es das Einkaufszentrum “Neue Mitte”. Diese setzen sehr stark auf Videoüberwachung. Im Gebäude gibt es nahezu keine Ecke, wo man nicht beobachtet wird und an den Außenwänden gab es drei Kameras. Interessanterweise erklärte man auf Nachfrage, dass sich unter dem Abdeckungen keine Kameras befinden würden und dass die Außenkameras nicht Töne aufzeichnen könne. Daraufhin habe ich mir die Abdeckungen nochmal genau angeschaut und eindeutig Kameras darunter erkennen können. Weiterhin ist auf der Webseite von Mobotix die Mobotix DualNight M12D eindeutig als Kamera mit Mikrofon gekennzeichnet. Also gehe ich von bewusster Falschinformation aus.

Eine der Außenkameras filmte noch dazu auf die Johannisstraße. Das ist eine von Jenas meistfrequentierten Fußgängerzonen. Insbesondere diese Tatsache störte mich und so wollte ich versuchen, auf offiziellem Weg die Kamera entfernen zu lassen. Als ich dann endlich die Zeit fand, ein Schreiben aufzusetzen, traute ich kaum meinen Augen. Das Schreiben war absendefertig und die Kamera war weg. Anfangs glaubte ich noch an Reparaturmaßnahmen. Doch mittlerweile ist reichlich Zeit vergangen und auch eine weitere Kamera wurde abgebaut.

Ich hoffe, dass dies so bleibt. Falls nicht, kann ich meinen Beschwerdebrief doch noch loswerden. :-)

WTF Firefox 3?

Die aktuelle Version lockt mir immer mal wieder ein WTF raus. Gerade war wieder so ein Moment.

Ich spielte ein wenig mit Schriftarten herum und versuchte, eine für mich optimale Schrift wie auch Schriftgröße zu finden. Dabei fiel mir auf, dass die JPG-Bilder auf einmal so pixelig aussehen. Auf der Seite mit den FoeBuD-Bussen sah das Logo unseres Bundeslandes recht unschön aus: verpixelte Anischt

Ich hatte keinerlei Idee, warum dem so ist. Das Zurücksetzen der Schriftgröße bereinigte das Verhalten wieder. Ein Hinweis brachte mich dann auf die richtige Spur. Standardmäßig zoomt der Firefox Schriften und Bilder. Das Verhalten kann man über das Menü Ansicht --> Zoomen --> Nur Text zoomen. Nur warum ist Firefox der Meinung, Bilder zu zoomen, wenn ich einfach eine größere Schriftgröße haben will?

Weitere Gründe sind das Handling von SSL-Seiten. Ihr habt bestimmt schonmal die Meldung example.com verwendet ein ungültiges Sicherheitszertifikat. gelesen. Es braucht vier Klicks bis man eine Ausnahme angelegt hat. Dabei werden die Ausnahmen standardmäßig auch noch permanent gespeichert, was man unter Umständen nicht immer will. Ich fand das Verhalten des alten Firefox in dieser Hinsicht wesentlich benutzerfreundlicher.

Weiter unter dem Punkt ist der gelbe Hintergrund von SSL-Seiten. Bisher war es so, dass SSL-Seiten eine gelbe URL-Zeile erzeugten. Mit der aktuellen Version ist da kein Unterschied (bis auf bereits reichlich kritisierte Ausnahmen) zu sehen. Hier hilft, die Variable browser.identity.ssl_domain_display zu ändern.

Das bringt mich dann gleich zu about:config. Habt ihr das schonmal aufgerufen? Da erwartet euch dann eine fette Warnung, die in etwa sagt, dass ihr jetzt alles kaputt macht. Ich bin ja der Meinung, dass Leute, die das aufrufen und dann auch was ändern, wissen was sie tun. Daher ist die Warnung aus meiner Sicht unnötig.

Ich bin gespannt, wann der Moment kommt, an dem die WTFs aufhören. :-)

Freiheit statt Angst im Oktober 2008

Logo der Demo

In einem Monat ist es soweit. Dann startet am 2008-10-11 ab 14:00 Uhr die Demonstration Freiheit statt Angst. Wie schon im letzten Jahr wollen die Organisatoren vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung gegen die ausufernde Überwachung, die Vorratsdatenspeicherung sowie die generellen Einschränkungen in der Privatsphäre demonstrieren.

Der FoeBud e.V. organisiert Busse zur Demo. Wer also noch nicht weiß, wie er hinkommt, kann so recht günstig nach Berlin und zurück kommen.

Jeder Teilnehmer zählt. Also komm auch du mit nach Berlin.

cronjob