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Tor -- Vortrag und Hackday

In München treffen sich in dieser Woche Vertreter des Tor-Projektes zum Summer-Dev-Meeting. Neben den internen Besprechungen gibt es zwei interessante Veranstaltungen für die Öffentlichkeit.

  1. Vortrag »Tor and the Censorship Arms Race: Lessons Learned«
    Roger Dingledine und Jacob Appelbaum berichten über ihre Erfahrungen in der Umgehung von Zensur. Tor ist in dieser Beziehung ein sehr wichtiges und sicheres Werkzeug. Der Vortrag findet am 24. Juli 2013 ab 18 Uhr im Hörsaal 1 des LRZ statt (siehe Bild unten).
  2. Tor Hack Day
    Am Freitag findet dann ein öffentlicher Hackday statt. Ihr könnt dort verschiedene Entwickler treffen und mit denen über Tor sprechen bzw. programmieren.

 

Cypherpunks reloaded

Mehr als zwanzig Jahre ist es nun her, als sich eine Gruppe von Leuten auf einer Mailingliste »traf«. Die Cypherpunks diskutierten in den folgenden Jahren Kryptografie, Anonymität und andere Techniken zum Schutz der Privatsphäre. Letztlich ist über verschiedene Ecken auch Bitcoin ein Produkt der Cypherpunks-Zeit. Allerdings diskutierten die Teilnehmer nicht nur, sondern viel wichtiger, sie programmierten. Ein Spruch aus den Zeiten lautet: »Cypherpunks write code.«

Nun fand ich eine E-Mail in meiner Inbox, die das erneute Aufleben der Mailingliste ankündigte. Und prompt trudelten hier einige E-Mails ein. Wer also an den Themen Kryptografie, Politik und Privatsphäre interessiert ist, kann sich dort eintragen. Allerdings kamen früher recht viele E-Mails über die Liste und auch in den letzten Tagen erhielt ich recht viele Nachrichten. Ihr solltet also mit eurem E-Mail-Client gut filtern. :-)

Ich bin gespannt, ob die Liste neuen Drive gewinnt. Immerhin habe ich durch die Diskussion der letzten Tage ein paar Zufallszahlenerzeuger für den Rechner kennengelernt und habe nun was zum Testen.

ACM Turing Award für Goldwasser und Micali

Die beiden Kryptografen Shafrira »Shafi« Goldwasser und Silvio Micali erhalten den ACM Turing Award. Das ist so eine Art Nobelpreis in der Informatik. Goldwasser und Micali sind vermutlich nur Insidern bekannt. Sie lieferten allerdings wesentliche Beiträge zur Kryptografie. Die Begriffe der Semantic Security und Ununterscheidbarkeit eines Algorithmus’ vom Zufall gehen auf die Forscher zurück. Sie legten damit die Grundlagen für eine Formalisierung des Wissenschaftszweiges. Ich gratuliere beiden Wissenschaftlern für die Auszeichnung!

Pressemitteilung der ACM

Artikelserie "Mein digitaler Schutzschild" in der ZEIT

Patrick Beuth hat für die ZEIT ein Experiment gemacht. Er stellte sich die Frage, wie schwierig es für Laien ist, sich anonym und sicher zu bewegen. Diese Erfahrungen schrieb Beutch in der Serie »Mein digitaler Schutzschild« nieder. Für das Experiment kaufte er sich einen neuen Rechner und installierte Ubuntu. Später machte er sich Gedanken zu sicheren Verbindungen über VPN und Tor, nutzte E-Mail-Verschlüsselung mit OpenPGP und verschlüsselte die Festplatte. Die Artikel sind aus der Sicht eines neuen Benutzers geschrieben und sehr interessant zu lesen.

ZEIT Online macht sogar den Sprung vom Artikel in die Praxis und organisiert am 26. Februar eine CryptoParty. Dort zeigen Patrick Beuth und die Organisatoren der CryptoPartys in Berlin, wie die verschiedenen Werkzeuge zu benutzen sind. So wird die anfängliche Hürde, derartige Werkzeuge zu benutzen sicher kleiner.

This machine kills secrets von Andy Greenberg

Woody Guthrie
Woody Guthrie mit Gitarre (Quelle: Wikipedia bzw. Library of Congress)

Der Titel des Buches klingt spektakulär: »Die Maschine, die Geheimnisse vernichtet«. Der Journalist Andy Greenberg berichtet im gleichnamigen Buch von dieser Maschine und hat an vielen Stellen spektakuläres zu berichten. Greenberg kam durch die Gitarre von Woody Guthrie auf den Titel. Die Gitarre trug den Aufkleber: »This machine kills fascists« (siehe Bild).

Die Maschine, die Geheimnisse vernichtet, beginnt mit den Pentagon-Papers ihr Werk. Daniel Ellsberg veröffentlichte die geheimen Dokumente damals mit Hilfe der NY Times. Julian Assange und neuere Entwicklungen sind noch lange nicht das Ende der Maschine. Vielmehr wird sie wohl lange weiterleben. Das Buch zeichnet den Weg der Maschine nach.

Im Prolog wird ein Treffen mit Julian Assange beschrieben. Julian kündigt dort die MegaLeaks an und verspricht einen Leak über eine US-Bank. Der erste Teil startet mit einer Gegenüberstellung von Ellsberg und Bradley Manning. Greenberg vergleicht im Kapitel »The Whistleblowers« ihre Herkunft und ihr Vorgehen. Ellsberg hatte seinerzeit die Berechtigung sehr geheime Dokumente zu lesen. Ein Privileg, was nur wenige mit ihm teilten. Manning auf der anderen Seite war einer von 2,5 Millionen Amerikanern, die aufgrund lascher Voreinstellungen auf viele geheime Dokumente Zugriff hatten. Beide waren der Meinung, dass »ihre« Dokumente an die Öffentlickeit müssen. Ellsberg war sich sicher, dass er für die Veröffentlichung der Pentagon-Papiere für den Rest seines Lebens im Gefängnis landen würde. Manning, auf der anderen Seite, schien Hoffnung zu hegen, dass er unerkannt davon kommt. Zumindest arbeitet Greenberg diesen Punkt im Buch heraus. Die realen Entwicklungen waren jedoch genau gegenteilig. Ellsberg wurde nicht bestraft und Manning wird aller Voraussicht nach lange Zeit im Gefängnis bleiben.

Das erste Kapitel ist sehr schön geschrieben. Man merkt hier schon, wie gut Greenberg seine Geschichte recherchiert hat. Mit der Gegenüberstellung der beiden Protagonisten gelingt ihm ein schöner Spannungsaufbau.

Cover
Cover des Buches

Die folgenden drei Kapitel widmen sich der »Evolution of Leaking«. Greenberg erzählt die Geschichte der Cypherpunks detailliert nach. Den Startpunkt bilden dabei die Lebensläufe von Tim May und Phil Zimmerman, der Erfinder von PGP. Mit Geschichten zu Julian Assange und John Young, dem Gründer von Cryptome geht es weiter. Schließlich spielen die Diskussionen auf der Mailingliste und der Artikel »Assassination Politics« von Jim Bell eine Rolle. Der Keynote-Sprecher des 29C3, Jacob Appelbaum, mit dem Tor-Projekt bilden den Abschluss.

Der dritte Teil hat die Zukunft (»The Future of Leaking«) zum Gegenstand. Dort geht es um »Plumbers«, »Globalizers« und »Engineers«. Das Kapitel beginnt mit Peiter Zatko. Mudge, wie er sich nannte, war einer der Köpfe der Hacker-Gruppe Cult of the Dead Cow und hatte engere Kontakte zu Assange. Mittlerweile arbeitet er bei der DARPA und soll Gegentaktikten zum Leaking entwickeln. Das langfristige Ziel des Projektes ist, Leaking komplett zu unterbinden. Greenberg beschreibt im Kapitel HBGary und den Anonymous-Hack sehr lebendig. Der Autor nutzt IRC-Logs und persönliche Gespräche und kann dadurch eine sehr detaillierte Sicht auf die Dinge bieten. Die Isländische Initiative zu modernen Medien (IMMI) und BalkanLeaks sind die Vorboten der Zukunft. Schließlich traf Greenberg zufällig den Architekten. Derjenige, der nur unter dem Namen »Der Architekt« agiert, war für die sichere Neugestaltung von WikiLeaks zuständig und arbeitet jetzt bei OpenLeaks. Greenberg traf ihn zufälligerweise beim Chaos Communication Camp.

Am Ende des Buches steht ein kurzer Abschnitt zur »Machine«. Greenberg macht klar, dass heute jeder zum Leaker werden kann. Mobiltelefone und andere elektronische Gegenstände erlauben es, Reportagen von Ereignissen anzufertigen oder eine Vielzahl elektronischer Dokumente zu kopieren. GlobaLeaks wird kurz beleuchtet. Das Projekt baut an einer Lösung für eine Leakingplattform mit Freier Software. Greenberg schließt mit den Worten:

We don’t yet know the names of the architects who will build the next upgrade to the secret-killing machine. But we’ll know them by their work.

Ich habe es sehr genossen, das Buch zu lesen. Zum einen hat Greenberg einen schönen, lebendigen Schreibstil. Obwohl ich viele Aspekte der Geschichten kannte, hatte das Buch einiges Neues zu bieten. Faktisch auf jeder Seite ist die gute Recherchearbeit des Autors zu spüren. Es war spannend für mich den Handlungssträngen zu folgen. »This machine kills secrets« war eines der Bücher, was ich nur schwer aus der Hand legen konnte und am liebsten am Stück durchgelesen hätte. Leseempfehlung!

Wer von euch einen Verlag kennt, der das Buch ins Deutsche übersetzen will, kann sich gern an mich oder an Andy Greenberg wenden.

Interview mit Radio Trackback auf Fritz

Die Sendung Trackback auf Fritz hatte an diesem Wochenende unter anderem Internetkontrolle und Anonymes Surfen zum Thema. Stefan Schultz arbeitet bei Spiegel Online und war in China. Er erzählte etwas zur Zensur und Überwachung in China. Ich wurde kurz zu technischen Möglichkeiten des anonymen Surfens und der Zensurumgehung befragt. Im Interview erklärte ich kurz die Tor Bridges und wies auf JonDonym als weiteres Projekt zum anonymen Surfen hin. Die gesamte Sendung könnt ihr anhören oder als MP3 runterladen.

Offene Proxys zur Zensurumgehung

Im letzten Blogposting stellte ich die Matrix verschiedener Zensurumgehungssoftware vor. Ich will hier und in den folgenden auf einzelne Software oder Protokolle eingehen. Vielleicht hilft euch das, Vor- und Nachteile der Lösungen zu erkennen.

Die erste Variante in der Reihe sind offene Proxys. Eigentlich wurden die nicht zur Zensurumgehung erfunden, das ist vielmehr ein Nebenaspekt. Proxys dienten zuerst als eine Art Zwischenspeicher in großen Netzen (Firmen). Denn das Internet war langsam und teuer. Also suchten die Betreiber nach Möglichkeiten, es schneller zu machen. Ein Proxy war eine solche Möglichkeit und spielt eine Vermittlerrolle. Die Benutzer eines Proxys fragen Webseiten nicht mehr direkt an, sondern nutzen den indirekten Weg über den Vermittler. Dieser ruft seinerseits die Webseite ab und liefert das Ergebnis weiter. Gleichzeitig speichert der Proxy die Webseite lokal. Kommt nun ein weiterer Benutzer, liefert der Proxy die Webseite aus seinem Speicher aus. Das ist zum einen schneller und zum anderen preiswerter, da kein externer Datenverbrauch entsteht.

Schematische Darstellung eines offenen Proxys (Quelle: Wikipedia)

Offene Proxys sind Proxys, die von allen benutzt werden können. Doch woher kommen diese offenen Proxys? Ein Teil stammt schlicht von Fehlkonfigurationen. Das heißt, jemand installiert eine Proxysoftware und gibt die dann versehentlich für die Welt frei. Andererseits kann das jemand in bösartiger Absicht tun. In der Hoffnung, dass Fremde die Software nutzen, sich bei Seiten einloggen und dort sensible Daten hinterlassen, wird der Proxy aktiviert. Der Angreifer lauscht mit und bekommt so Zugriff auf die Geheimnisse seiner Nutzer. Dafür würde die konsequente Nutzung verschlüsselter Seiten (HTTPS) schützen. Eine weitere Gruppe von Administratoren sorgt sich um die Sicherheit seiner Nutzer und versucht mit speziellen offenen Webproxys zu helfen. Zu letzterem gehören Seiten wie Morphium.info oder Anonymouse.org. Weiterhin gibt es Listen, wie beispielsweise Xroxy, die beliebige offene Proxys sammeln. Das Firefox-Plugin Stealthy lädt die Listen automatisch herunter und macht die im Browser nutzbar.

Ein Nutzer in einem Land mit Internetzensur kann versuchen, einen offenen Proxy zu verwenden. Als einfache Varianten bieten sich Morphium.info, Anonymouse oder Stealthy an. Oder aber er stellt im Browser einen offenen Proxy ein. Im letztgenannten Fall geht der Aufruf nicht direkt zur gesperrten Webseite, sondern zu dem Proxy. Dieser ruft die Seite auf und liefert das Ergebnis zurück.

Derartige Proxys sind ein sehr einfaches Mittel, Zensur zu umgehen. Leider haben das auch die Zensoren erkannt. Diese rufen häufig einfach die Listen der Proxys ab und sperren die Adressen. Andererseits wies ich oben schon auf den möglichen Missbrauch seitens des Betreibers des Proxys hin. Gegebenenfalls liest der Betreiber mit und nutzt diese Daten später zu seinem Vorteil. Im schlimmsten Fall könnte der Zensor den Betreiber des Proxys »überzeugen«, die Daten spezieller Nutzer mitzuschneiden und ihm diese auszuhändigen. Das heißt, auf der einen Seite sind Proxy zwar einfach. Aber die damit verbundenen Risiken sind nicht von der Hand zu weisen.

Die Lage verbessert sich für den zensierten Nutzer etwas, wenn er gute Freunde hat, die für ihn einen Proxy betreiben. Denn diese sind hoffentlich vertrauenswürdig.

Insgesamt sind die offenen Proxys also ein erster Weg zur Zensurumgehung. Mit etwas Glück funktionieren die im Land. Jedoch sollten die Nutzer sich immer über eventuellen Missbrauch im Klaren sein und entsprechende Gegenmaßnahmen treffen.

Weitere Informationen hat die englischsprachige Wikipediaseite zu Open Proxys oder die deutschsprachige zu Proxys.

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