Ende des Jahres 2009 las ich auf einer Webseite von dem Buch
„Anonymität im Internet – rechtliche und tatsächliche
Rahmenbedingungen“ von Dr. Phillip W. Brunst. Das Werk erschien als
Unterreihe „Strafrechtliche Forschungsberichte“ der Schriftenreihe des
Max-Planck-Instituts für ausländisches
und internationales Strafrechtund ist die Promotionsarbeit des
Autors. Der Untertitel „Zum Spannungsfeld zwischen einem Recht auf
Anonymität bei der elektronischen Kommunikation und den Möglichkeiten
zur Identifizierung und Strafverfolgung“ zeigt die grobe Ausrichtung
auf.
Insgesamt besteht das Buch aus 618 Seiten. Davon sind
90 Seiten Index und Literaturverweise. Der Autor nahm eine
Gliederung in drei große Teile vor. Der erste Teil behandelt auf
etwa siebzig Seiten die Grundlagen. Dort werden die Begriffe
Anonymität, Pseudonymität und Vertraulichkeit definiert und
diskutiert. Weiterhin behandelt Brunst die wirtschaftliche
Bedeutung von personenbezogenen Daten und geht auf die
technischen Grundlagen ein.
Im zweiten Teil geht es um die kriminalistische Analyse. Zunächst
diskutiert der Autor verschiedene gewollte und ungewollte
Überwachungs- und Identifizierungsmöglichkeiten von Nutzern. Im
weiteren Verlauf stellt das Buch dar, wie sich Anonymität gegenüber
verschiedenen Gruppen (Host-Provider, Access-Provider etc.) erreichen
lässt. Dabei sind Anonymisierungsdienste, wie verschiedene Remailer,
das Tor-Projekt, JonDonym, aber auch anonyme Zugänge
wie ein öffentliches WLAN das Thema. Zum Abschluss dieses Teils wird
die Anonymität auf der Ebene des Rechners beleuchtet. Das heißt, wie
können mögliche Spuren durch Verschlüsselung, sicheres Löschen
etc. verwischt werden. Der zweite Teil hat einen Umfang von über
120 Seiten.
Der Löwenanteil ist dann der dritte Teil. Hier erwarten den Leser
ca. 330 Seiten mit rechtlicher Analyse. Zuerst erfolgt eine
umfassende Analyse, wo ein eventuelles Recht auf Anonymität verankert
sein könnte. Der Autor arbeitet sich dabei von den
verfassungsrechtlichen Vorgaben über internationale Vorschriften vor
bis zu „normalen“ Gesetzen. Nunmehr stellt sich Brunst die Frage,
inwieweit die Anonymität aufgehoben bzw. eingeschränkt werden
könnte. Dabei unterteilt er den Zugriff auf bestehende Daten in
Einzelfällen, Erhebung von zukünftigen Daten in Einzelfällen und die
verdachtsunabhängige Datenerfassung. Bei diesen drei Gruppen gibt es
unterschiedliche Eingriffstiefen. Daher werden diese getrennt
behandelt. Schließlich zieht der Autor ein Fazit zu den gestellten
Beobachtungen und schließt damit das Buch ab.
Ich war sehr auf das Buch gespannt. Denn obwohl ich die technische
Seite der Anonymität recht gut kenne, war mir bislang keine
ausführliche juristische Einschätzung zum Thema bekannt. Ich hoffte,
durch diese Arbeit einen tieferen Einblick in die Thematik zu bekommen
und wurde nicht enttäuscht. In den ersten beiden Teilen des Buches,
also in mir weitgehend bekannten Inhalten,
zeigte sich, dass sich der Autor sehr tiefgreifend mit der Materie
auseinandergesetzt hat. Gerade die technischen Details wurden
unerwartet ausführlich behandelt. Bevor ich das Buch in den Händen
hielt, ging ich davon aus, dass die Technik weitestgehend außen vor
bleibt. Die Betrachtungen des zweiten Teiles werten das Buch für mich
deutlich auf. Denn so bleibt der Diskussionsgegenstand nicht nur
theoretischer Natur, sondern kann förmlich „begriffen“ werden. Das
heißt, selbst ein Laie erwirbt bei der Lektüre ein Grundverständnis zu
der in der Praxis eingesetzten Technik. Neben der sehr guten
Besprechung gibt das Buch durch Fußnoten Verweise auf weitere
Literatur. Wie in juristischen Arbeiten üblich, kann dabei der Umfang
der Fußnoten schon einmal den Umfang des Textes auf einer Seite
übersteigen.
Der dritte Teil mit der rechtlichen Analyse war für mich gut
lesbar. Der Autor präsentierte den Inhalt in einer verständlichen
Sprache. Er ging bei seiner Analyse strukturiert und logisch vor. Im
gesamten Buch gibt es zu jedem größeren Abschnitt eine Einleitung, die
die folgende Vorgehensweise beschreibt. Das hilft, dem roten Faden zu
folgen und dem Leser wird klar, was ihn auf den weiteren Seiten
erwartet.
Mir fielen im Buch keine größeren Fehler auf. Aus meiner Sicht gab
es lediglich kleinere Anmerkungen, die dem Gesamtverständnis keinen
Abbruch tun. Insgesamt kann ich die Lektüre des Buches dem
interessierten Leser nur empfehlen.
Es gibt einen vielfältigen Einblick in die Details der Anonymität und
hilft, sich durch den juristischen Dschungel zu navigieren. Für den
juristischen Laien entsteht weiterhin ein interessanter Einblick in
die Betrachtungsweise verschiedener Gesetze.