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Lenovo-Laptops mit SuperFish-AdWare

Die aktuellen Nachrichten über Wanzen in Festplatten oder geknackte SIM-Karten hören sich auf der einen Seite sehr bedrohlich an, auf der anderen Seite werden viele dies abtun, als Verschwörungstheorie oder »Betrifft-mich-nicht«. Doch dann war von Barbies zu lesen, die alles mithören und ins Internet übertragen und Samsung warnt, vor seinen Fernsehgeräten nichts Privates zu erzählen. Im letzteren Fall werden die Daten im Klartext übertragen und damit kann jeder mithören, was vor dem gerät erzählt wird. Der große Lauschangriff mal ganz anders.

Ansicht des Zertifikats im Zertifikatsmanager
Detailansicht des Zertifikats von Chris Palmer (@fugueish)
Lenovo reiht sich nun ebenfalls in die Liste der Hersteller ein, die offensichtlich wenig auf die Privatsphäre der Käufer geben. Verschiedene Medien (The Next Web, Forbes, Heise, ZEIT Online, Golem u.a.) meldeten, dass Lenovo auf Laptops die Software SuperFish Visual Discovery vorinstalliert. Dies ist Adware, d. h. sie blendet Werbung auf Webseiten ein. Dies wird dadurch bewerkstelligt, indem ein Schnippsel JavaScript geladen wird und die unerwünschten Inhalte überträgt. Doch damit gaben sich die Hersteller der Software nicht zufrieden. In die vorab installierten und damit vertrauenswürdigen Zertifikate wurde auch ein Zertifikat eingefügt. Immer wenn nun eine verschlüsselte, sichere Webseite besucht wird, kommt das Zertifikat nicht von der ursprünglichen Webseite, sondern von der SuperFish-Software. Damit kann die Software den verschlüsselten Datenverkehr mitlesen und diese Daten auch manipulieren. Dieser so genannte Man-in-the-Middle-Angriff ist eine klassische Angriffstechnologie und dient in der Regel nicht guten Zwecken.
Code zur Installation des Zertifikats
Code, der versucht, das Zertifikat in verschiedenen Browsern zu installieren (via @supersat)

Die EFF beobachtet seit längerem den Status von Zertifikaten mit dem SSL Observatory und meldete, dass sie in dem Datensatz 44.000 dieser SuperFish-Mitm-Zertifikate fanden. Das Bild links zeigt ein wenig Quellcode. Demnach versucht die Software ihr Zertifikat in verschiedene Browser zu importieren. Das erklärt auch, warum u.a. auch Firefox betroffen ist. Denn im Gegensatz zu Google Chrome nutzt dieser nicht die Zertifikatsverwaltung von Windows.

Robert Graham hat neben anderen Forschern das Zertifikat aus der Software extrahiert und in kurzer Zeit das Passwort ermittelt (Das Passwort »komodia« liefert dann auch den Hinweis auf den Komodia SSL Digestor). Wie er schreibt, benötigte er keine Spezialkenntnisse. Ein geschickter Angreifer kann dies ebenfalls tun. Damit lässt sich dann auch für Dritte sämtliche verschlüsselte Kommunikation brechen. Aber der Superfish Software scheint auch der Status fremder Zertifikate egal zu sein. In einer Diskussion auf Hacker News berichtete jemand, dass die Software beliebige (auch ungültige) fremde Zertifikate akzeptiert. Ähnliches geht auch mit fakehost.lenovo.com oder CanIBesuperFished.com. Insgesamt reißt die Software damit ein riesengroßes Loch in die Sicherheit der Rechner. Mich erinnerte das spontan an den Fall von Sony, die auch Malware auf die Rechner installieren.

Was lässt sich nun gegen die Infektion tun? Die Software selbst ist in der Liste der installierten Programme von Windows zu finden und kann dort einfach deinstalliert werden. Allerdings bleiben eine Reihe von Einträgen in der Registry und das Zertifikat noch erhalten. Hier ist dann Handarbeit angesagt. Dazu müsst ihr den certmgr von Windows öffnen und das Zertifikat entfernen. Bei der EFF gibt es eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie das zu tun ist.

Lenovo hat mittlerweile reagiert und einerseits ein schönes Statement bei Twitter abgegeben:

Daneben gibt es eine Veröffentlichung, die den Vorfall klar als Vulnerability mit hohem Impact benennt. Die Veröffentlichung hat auch eine Liste der Produkte, die betroffen sind.

Daten treiben Blüten

Update: Das Projekt scheint nicht mehr zu existieren. Github hat noch den Quellcode.

Datenblume von kubieziel.de
Datenblume von kubieziel.de

Ich plane gerade eine Reise nach Spanien. Diese fällt in die Zeit des Fallas-Fests. Neben imposanten Figuren sind in der Stadt auch viele Taschendiebe zu finden. Doch mit welchen Bildern könnte ein Bericht zu den Dieben unterlegt werden? Ich vermute, vielen von euch fällt gleich etwas dazu ein. Ein Hand in der Tasche, eine leere Tasche mit entsprechendem Gesicht des Besitzers und vieles andere sind so Motive. Doch was ist, wenn jemand eure Daten »klaut« bzw. wenn ihr die weitergebt ohne es zu wollen? Dann wird es mit einer ansprechenden Darstellung schon schwieriger.

Bei Wired ist gerade wieder ein Versuch zu bewundern: die Datenblumen. Ihr könnt auf der Webseite eine URL eingeben. Dann wird die Webseite analysiert und eine Grafik ausgegeben. Je kleiner die Blume ist, desto besser ist es. Außerdem sollten alle aufgerufenden Dateien in einem Kreis liegen. Das bedeutet, dass alles vom selben Webserver kommt. Die Datenblume von kubieziel.de ist so ein Beispiel.

 

 

Datenblume von Jenapolis
Datenblume von Jenapolis
Datenblume der OTZ
Datenblume der OTZ

 

Bei den Datenblumen von Jenapolis und der Jena-Ausgabe der OTZ sieht das Bild schon ganz anders aus. Dort eröffnen sich weitere kleine Kreise. Das bedeutet, dass andere Inhalte geladen werden und eure Daten, die der Browser übermittelt, auch an die Drittseiten gehen.

Die Webseite erklärt die Struktur der Blumen. Probiert es einfach selbst aus.

Einen ähnlichen Ansatz gibt es auch als Plugin für den Firefox. Lightbeam zeigt über den Verlauf einer Sitzung an, wo Daten hingeschickt werden. Gerade weil dort auch der Verlauf abgebildet wird, finde ich den Ansatz noch interessanter. Meist ist es recht schockierend zu sehen, wie mit wenigen Seitenaufrufen eine große Menge an unerwünschten Drittseiten aufgerufen wird.

Geekend zum Echt Dezentralen Netz in Dresden

Überwachung ist überall. Mittlerweile gibt es verschiedene Initiativen, die sowohl politisch wie auch technisch etwas dagegen tun wollen. Eines dieser Projekte startet demnächst in Dresden. Unter dem Projekttitel »Echt Dezentrales Netz (EDN)« findet am 16. und und 17. Januar (folgendes Wochenende) ein Geekend statt. Am Freitag abend werden einige existierende Lösungen, wie Freenet, AN.ON und andere vorgestellt. Samstags geht es mit Vorstellungen weiter. Der Nachmittag ist dann für Workshops reserviert.

Falls ihr teilnehmen wollt, tragt euch im Dudle. Für Leute, die nicht nach Dresden kommen können, gibt es einen Mumble-Raum.

Facebook über Tor Hidden Services erreichbar

Facebook, die Datenkrake und Tor, das Anonymisierungsprogramm. Das hört sich so an, wie Feuer und Wasser. Die eine Webseite versucht, alles mögliche über deren Nutzer zu speichern. Die andere Software versucht, deren Nutzer möglichst im Schleier der Anonymität verschwinden zu lassen. Obwohl sich beides so gegensätzlich anhört, hat Facebook einen Schritt in Richtung Tor unternommen.

Seit heute könnt ihr Facebook über Tor Hidden Services erreichen. Dazu braucht ihr einen Tor Browser und geht zu der Adresse https://facebookcorewwwi.onion/. Dort könnt ihr euch einloggen und Facebook wie gewohnt benutzen.

Natürlich ändert das nichts an dem Verhalten von Facebook. Die Seite wird nach wie vor Daten der Nutzer sammeln und es wird seitens der Seite ja erwartet, dass sich jeder mit seiner realen Identität anmeldet. Tor-Nutzer haben nun einen Weg zu Facebook, der funktioniert.

ZenMate als Anonymisierungsprogramm

Kürzlich führte ich einen Workshop zum technischen Datenschutz und Verschlüsselung durch. Während Workshops zeigte ich den Teilnehmern verschiedene Werkzeuge, unter anderem auch den Tor Browser. Dabei meinte ein Teilnehmer, dass er ZenMate einsetzt und dies genauso sicher wie der Tor Browser ist.

Wechsel des Orts bei ZenMateWas ist ZenMate? Auf der Webseite verspricht die Anwendung Verschlüsselung sowie anonymes Browsen. Der Internetverkehr wird durch virtuelle private Netze (VPNs) geleitet. Das Plugin lässt sich einfach installieren und fragt anschliessend nach einer E-Mail-Adresse. Nachdem eine E-Mail-Adresse eingegeben wurde, wird das Plugin nach einer kleinen Wartezeit aktiv. In der Browserleiste im Firefox erscheint ein grünes Schild und nach einem Klick lässt sich rechts unten der Ort wechseln (Change Location). Auf Empfehlung des Teilnehmers wählten wir im Kurs Hong-Kong aus und fühlten uns geschützt. Doch wie sieht die Realität aus?

Ich nutze für Tests auf Anonymisierung meist die Seite IP-Check. Nach dem Start des Tests und einer kurzen Wartezeit ergab sich folgendes Bild:

Anzeige der realen IP-Adresse in ZenMate

Das Plugin leitet zwar die Verbindungen über das VPN weiter und nutzt einen Server in Hong-Kong (oder auch anderen Städten). Weitere Browsereinstellungen bleiben jedoch unangetastet. Im Beispiel oben war es das Flash-Plugin, was in vielen Browsern standardmäßig aktiv ist, das sogar die reale, gerade verwendete IP-Adresse preisgegeben hat. Mit der manuellen Deaktivierung von Flash wird die eigene IP-Adresse nicht mehr unmittelbar erkannt. Allerdings bleiben noch genügend andere Möglichkeiten übrig das Onlineverhalten der Benutzer zu verfolgen.

Letztlich stecken die Entwickler des Tor Browsers sehr viel Zeit und Energie, Lücken im Firefox zu schließen. Daher wäre es schon sehr verwunderlich, wenn sich gleiches Ziel, nämlich anonymes Browsen, mit einem einfachen Plugin erreichen ließe.

Wer also ZenMate einsetzen will, sollte sich der Risiken im Klaren sein und ggf. selbst weitere Anpassungen im Browser vornehmen. Eventuell funktioniert die Kombination des JondoFox-Profils mit ZenMate besser. Diesen Versuch überlasse ich euch. Ihr könnt gern einen Kommentar hinterlassen. :-)

Betreibt die NSA Tor-Relays?

Seit Juni 2013 kommen in regelmäßigen Abständen Veröffentlichungen über Lauschprogramme der NSA und anderer Geheimdienste. In den letzten Tagen gab es dann noch einen Angriff gegen Nutzer von Tor. Der Angriff wird auch der NSA zugeschrieben und heizte mal wieder die Diskussion an, ob die NSA Tor-Knoten betreibt und damit die Anonymität der Nutzer schwächt. Doch was ist da dran? Betreibt die NSA wirklich Tor-Relays?

Die kurze Antwort ist: »Nobody knows«.
Die lange Antwort erfordert ein wenig Abwägung. Stellt euch vor, die NSA betreibt in größerem Umfang Relays. Dann gibt es prinzipiell die Chance, dass die Verbindungen eines Nutzers über drei NSA-Knoten geht und die Daten damit deanonymisiert werden. Bei Exitknoten gibt es zusätzlich die Möglichkeit, persönliche Daten abzugreifen. Dan Egerstad zeigte 2007, wie einfach es ist, an Passworte von Botschaften zu kommen.

Ein Blick auf die Liste der Tor-Relays, sortiert nach Bandbreite zeigt, dass sehr viele der Knoten von TorServers.net, DFRI und anderen Organisationen betrieben werden. Diese stehen für mich nicht im Verdacht, NSA-nah zu sein. Weiterhin versucht das Tor-Projekt »bösartige« Exits bzw. solche, die merkwürdiges Verhalten zeigen, zu finden. Hier konnten in der Vergangenheit wenige gefunden werden. Derzeit gibt es keinen Hinweis, der den Verdacht erhärten könnte.

Wenn man weiter annimmt, dass die NSA Tor-Knoten betreibt und sie sicher auch weiß, dass verschiedene Leute versuchen dies aufzudecken, ist klar, dass sie ein großes Risiko fährt. Denn wenn nur ein NSA-Relay aufgedeckt würde, erzeugt das wegen des Skandalisierungspotentials einen großen medialen Aufschrei. Aus den Überlegungen ist das also nicht empfehlenswert.

Des Weiteren hat die NSA Zugänge zu den großen Netzknoten und kann Kommunikation übergreifend mitlesen. In der Anonbib findet sich die PDF-Datei »AS-awareness in Tor path selection«. Die Autoren beschreiben, wie vergleichsweise einfach es ist, für einen Angreifer mit einer weiten Netzwerksicht, die Anonymität zu minimieren oder zu brechen. Das heißt, die Daten, die die NSA durch den Betrieb von Tor-Relays erhalten würde, hat sie jetzt schon als »Abfallprodukt« der Überwachung. Fefe schrieb recht melodramatisch, dass Tor tot ist. Seine Argumente finden sich bereits im Design-Paper von Tor aus dem Jahr 2003: »[…] Tor does not protect against such a strong adversary. Instead, we assume an adversary who can observe some fraction of network traffic …«. Das bedeutet, dass Tor gegen einen starken Angreifer nicht sicher ist.

Letztlich ist es natürlich auch möglich, dass in bestehende Relays eingebrochen wird und die Daten ausgeleitet werden. Spiegel Online hatte letztens einen Artikel zu einem Einbruch in ein »Wasserwerk«. Das Werk war hier nur eine Falle und der Betreiber beobachtete die Aktionen der Angreifer. Die NSA würde durch einen Einbruch in existierende Tor-Server ebenfalls interessante Erkenntnisse über die Tor-Nutzer gewinnen.

Alles in allem glaube ich, dass der massenhafte Betrieb von Tor-Relays für die NSA derzeit von Nachteil ist. Die Informationen können sie wahrscheinlich auf anderem Wege gewinnen. Warum sollte die Agency also das Risiko eingehen?

Die Frage wurde auch in Blogs diskutiert. Folgende englischen Beiträge fand ich recht interessant:

Update: Link zum DK25: National Security Agency eingebaut. Ein wenig Eigenwerbung muss sein. :-)

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